Wenn der Rollstuhl im Weg steht - Ries fordert barrierefreie Abstellflächen

𝙀𝙞𝙣 𝘽𝙞𝙡𝙙, 𝙙𝙖𝙨 𝙫𝙞𝙚𝙡𝙚 𝙠𝙚𝙣𝙣𝙚𝙣:
Ein E-Rollstuhl blockiert den Hausflur, daneben ein Kinderwagen, ein Fahrrad klemmt im Treppenaufgang. Für Besucher und Nachbarn ist das ein Hindernis - für die Bewohnerinnen und Bewohner oft die einzige Möglichkeit, ihre Mobilitätshilfen überhaupt unterzubringen.
"Ich muss meinen Rollstuhl jeden Abend vor der Haustür anschließen", erzählt eine 72-jährige Düsseldorferin aus Garath. "In den Keller komme ich wegen der steilen Treppe nicht, und der Aufzug ist viel zu klein. Im Winter habe ich ständig Angst, dass die Elektronik kaputtgeht - oder dass er gestohlen wird." Solche Schicksale sind längst kein Einzelfall. Sie zeigen, wie dringend sichere Abstellmöglichkeiten gebraucht werden.
𝘽𝙖𝙧𝙧𝙞𝙚𝙧𝙚𝙛𝙧𝙚𝙞𝙝𝙚𝙞𝙩 𝙗𝙡𝙚𝙞𝙗𝙩 𝙚𝙞𝙣𝙚 "𝙆𝙖𝙣𝙣-𝘽𝙚𝙨𝙩𝙞𝙢𝙢𝙪𝙣𝙜"
"Seit mehreren Jahren kämpfe ich - und stoße auf Ablehnung" Peter Ries, Bezirksvertreter in Garath und Hellerhof, Sozialberater im Behindertenrecht beim VdK Düsseldorf und Mitglied im Behindertenrates, engagiert sich seit mittlerweile über fünf Jahren für barrierefreie Abstellplätze. "Ich stoße dabei immer wieder auf Unverständnis und Ablehnung, sei es bei den Wohnungsunternehmen, in Ausschüssen oder bei Behörden", sagt Ries. Hinzu kommt ein strukturelles Problem: Die Zuständigkeiten werden von einer Behörde zur nächsten geschoben. "Jede nimmt für sich in Anspruch, alles für Barrierefreiheit zu tun. Aber wenn es - wie hier - konkret wird, wird man abgewimmelt." Das Ergebnis: Barrierefreiheit bleibt vielerorts eine Kann-Bestimmung - kein einklagbarer Anspruch.
Für Ries steht fest: Das aktuelle Parkraummanagementkonzept der Stadt greift viel zu kurz. "Die Verwaltung feiert Stellflächen für Fahrräder, doch was die Menschen wirklich brauchen, sind ebenerdige und abschließbare Boxen für E-Rollstühle, Rollatoren oder Kinderwagen."
𝘿𝙚𝙢𝙤𝙜𝙧𝙖𝙛𝙞𝙨𝙘𝙝𝙚𝙧 𝘿𝙧𝙪𝙘𝙠
Schon jetzt ist ein Drittel der Düsseldorfer Bevölkerung über 55 Jahre alt. Bis 2035 soll die Zahl der 65- bis 75-Jährigen um 18.000 steigen. "Diese Menschen wollen mobil bleiben, einkaufen gehen, am Leben teilnehmen. Doch ohne sichere Abstellmöglichkeiten für ihre Hilfsmittel werden sie in die Isolation gedrängt", warnt Ries.
𝗧𝗿𝗲𝗽𝗽𝗲𝗻𝗵𝗮̈𝘂𝘀𝗲𝗿 𝗮𝗹𝘀 𝗚𝗲𝗳𝗮𝗵𝗿
Viele Altbauten in Düsseldorf stammen aus den 1950er- und 1960er-Jahren. Die Fahrradkeller sind klein, die Treppen steil, die Aufzüge zu eng. Deshalb landen E-Bikes, Kinderwagen und Rollstühle oft dort, wo sie am wenigsten hingehören - in Fluren und Treppenhäusern. Das blockiert nicht nur den Alltag, sondern auch Fluchtwege.
𝘽𝙖𝙪𝙤𝙧𝙙𝙣𝙪𝙣𝙜 𝙯𝙪 𝙨𝙘𝙝𝙬𝙖𝙘𝙝
Zwar schreibt die nordrhein-westfälische Bauordnung (§ 47 und § 48) bereits barrierefreie Abstellflächen und ebenerdige Fahrradplätze vor. Doch in der Praxis sind diese Räume oft zu klein oder nicht nutzbar.
Ries fordert deshalb eine Verschärfung:
"Die Bauordnung muss klarstellen, dass bei jeder Neuplanung von Wohnungen ebenerdige, abschließbare und ausreichend große Abstellplätze für Kinderwagen, Fahrräder und Rollstühle verpflichtend vorgesehen werden."
𝙒𝙞𝙙𝙚𝙧𝙨𝙩𝙖𝙣𝙙 𝙙𝙚𝙧 𝙆𝙖𝙨𝙨𝙚𝙣
Pflegekassen könnten Abstellboxen mit bis zu 4.000 Euro fördern, lehnen Anträge aber fast immer ab. Begründung: "Eine Garage erleichtere die Pflege nicht direkt". Für Ries ist das ein Skandal: "Wenn Menschen ihren Rollstuhl nicht unterstellen können und deshalb zuhause bleiben, dann reden wir über soziale Isolation. Das ist doch das Gegenteil von selbstständiger Lebensführung."
𝙀𝙧𝙨𝙩𝙚 𝘽𝙚𝙞𝙨𝙥𝙞𝙚𝙡𝙚 - 𝙖𝙗𝙚𝙧 𝙯𝙪 𝙬𝙚𝙣𝙞𝙜𝙚
Einige Wohnungsunternehmen in NRW haben bereits reagiert und Rollstuhlboxen auf Antrag ihrwr Mieter installiert, teils mit Beleuchtung und Ladefunktion. Die Nachfrage ist groß, die Mieten mit 10 bis 30 Euro überschaubar. In Düsseldorf jedoch bleibt es bei Pilotprojekten.
"𝙉𝙞𝙘𝙝𝙩 𝙞𝙧𝙜𝙚𝙣𝙙𝙬𝙖𝙣𝙣 - 𝙟𝙚𝙩𝙯𝙩"
Für Ries ist die Richtung klar:
"Düsseldorf hat sich zur UN-Behindertenrechtskonvention bekannt. Teilhabe darf kein Lippenbekenntnis bleiben. Wir brauchen endlich sichere, barrierefreie Abstellmöglichkeiten - in Neubauten genauso wie im Bestand."
Editorial:
Das müsste klappen, wenn man den Wahlkampf-Flyern fast aller Parteien glauben schenkt - sie alle haben sich "Barrierefreiheit" auf ihre Fahnen geschrieben und werben dafür ohne Unterlass.



